Mit operativer BI zu optimalen Lagerbeständen

Unternehmen
Hein Gericke ist ein internationales Handelsunternehmen mit einer starken Eigenmarke. 1970 wurde das Unternehmen gegründet, welches neben einer großen Auswahl an Bekleidung und Helmen auch Zubehör, Technik, Gepäck und allerlei Accessoires anbietet. Seit der Gründung wurden über 150 Shops in 9 Ländern Europas errichtet, in denen ca. 50.000 Artikel angeboten werden.

Aufgabenstellung
Für ein Handelsunternehmen wie Hein Gericke stellt die Supply Chain den erfolgskritischen Kern der gesamten Geschäftstätigkeit dar. Die Anforderungen in Punkto Flexibilität und Reaktionsgeschwindigkeit sind jedoch in den letzten Jahren durch die Entwicklung vom Verkäufer- zum Käufermarkt stark gestiegen. Um in diesem dynamischen Umfeld marktgerecht agieren zu können, wurde ein Informations- und Planungssystem gesucht, mit dem das bereits im Hause vorhandene Optimierungskonzept systemseitig umgesetzt werden konnte.

Kern des Konzeptes war eine Optimierung der Warenverfügbarkeit bei geringst möglicher Kapitalbindung mit dem Ziel einer größtmöglichen Kapitalrendite. Dazu gehört auch die Reduzierung der Lagerbestände durch Realisierung einer bedarfsgerechten Disposition. Diese sollte auf einer Automatisierung der Beschaffung basieren, die sich an den geplanten Umsätzen der Zukunft orientiert. Wichtige Elemente zur Realisierung dieses Ziels waren:

    • Abschaffung der einfachen Top-down Umsatzplanung und Einführung einer rollierenden Absatzplanung auf Basis eines Category Managements im Gegenstromverfahren
    • Abschaffung des landesspezifischen Einkaufs nach dem “Ad hoc“ Prinzip und Einführung eines bedarfs- und marktorientierten Zentraleinkaufs für Gesamteuropa
    • Schluss mit dem Bestandsmanagement nach dem “Gießkannenprinzip“ hin zur Bedarfsorientierung
    • Zentrales Arbeiten wo möglich, dezentral nur noch wo unbedingt nötig
    • Weg von der reinen Shopbetreuung hin zu einer effizienten Shopsteuerung.


BOARD Lösung
Zu Beginn des Projektes wurden verschiedene Möglichkeiten zur Realisierung evaluiert. Dazu gehörte eine Implementierung der geforderten Funktionen im ERP-System Microsoft Dynamics AX (Axapta), der Einsatz eines expliziten Planungs- und Forecasting-Systems und die Umsetzung im Rahmen einer BI-Lösung. Während der Evaluierungsphase fand Hein Gericke mit Qurius Advanced Solutions den passenden Partner, um sein Konzept praxisnah umzusetzen. Als optimale Plattform wurde das Schweizer Corporate Performance Management (CPM) Toolkit BOARD ausgewählt, das durch seine vielfältigen Funktionen für Analyse, Planung und Simulation sämtliche Anforderungen am besten erfüllen konnte.

Der größte Teil der Daten wurde aus Axapta importiert. Historische Daten wurden darüber hinaus aus einem abgelösten ERP-System (Porta Soft auf einer Oracle-Datenbank) übernommen. Außerdem wurden externe Marktdaten importiert, um Potenzialanalysen wie z.B. Umsatz pro zugelassenes Motorrad pro Region zu realisieren.

Die wesentlichen Inhalte des Projektes lassen sich am einfachsten erläutern, indem einige grundlegende Schritte von der Analyse der historischen Daten über die Planung und die sich daraus ergebenen Bestellvorschläge betrachtet werden. Dies wird nachfolgend in umgekehrter Reihenfolge geschehen, so dass der Prozess ausgehend von den Bestellvorschlägen an das ERP-System rückwärts durchlaufen wird.

- Bestellvorschlagswesen
Wesentliches Merkmal des BI-Systems ist die direkte Einbindung des Systems in das operative Tagesgeschäft. Die Einkäufer können sich auf die Vorschläge des BI-Systems stützen, statt wie bisher vage Bestellvorschläge für über 50.000 Artikel anhand von langen Listen zu generieren. Die Bestellvorschläge basieren auf der Fortschreibung der Lagerbestands- und Absatzverläufe in die Zukunft (nachfragorientierte Disposition). Darüber hinaus wird ausgeschlossen, dass einzelne Artikel eventuell gar nicht bestellt werden, da jeder Artikel automatisch rechtzeitig zur Bestellung vorgeschlagen wird.

- Lagerbestandsvorschau
Ausgangspunkt des Bestellvorschlagswesens ist die Simulation der zukünftigen Lagerbestandsentwicklung jedes Artikels im Zentrallager. Dies geschieht anhand des aktuellen Lagerbestandes, der Berücksichtigung bereits existierender Bestellungen beim Lieferanten und der Bottom-up geplanten Absätze, herunter gebrochen auf den Tag. Das Ergebnis sind “stock out dates“ in der Zukunft, auf die unter Berücksichtigung der jeweiligen Wiederbeschaffungszeiten reagiert werden kann. Dieser Prozess der Identifikation von “stock out dates“, der Ableitung erforderlicher Wareneingänge bzw. Bestellungen, erfolgt iterativ. Das Resultat ist eine Sägezahnkurve für die Lagerbestandsentwicklung der nächsten zwölf Monate unter Berücksichtigung der vom System selbst berechneten Bestellvorschläge. Die auf diese Weise erhaltenen zukünftigen Bestellungen können zur Berechnung einer Liquiditätsvorschau oder, aggregiert auf Monate, als Order-Forecast genutzt werden.

- Rollierender Forecast
Die Berechnung der “stock out dates“ basiert zu einem großen Teil auf den zukünftig geplanten Absätzen. Diese werden von den jeweils zuständigen Produktmanagern im BI-System geplant. Zwischen der Eingabe der Bottom-up Planung und der finalen Berechnung der Bestellvorschläge ist zur Sicherheit zusätzlich ein rollierender Forecast geschaltet. Dieser vergleicht den ursprünglichen Absatzplan mit den tatsächlich erzielten Absätzen und korrigiert die zukünftigen Planabsätze um den ermittelten Abweichungsfaktor nach oben bzw. unten. So wird verhindert, dass im negativen Fall die Ware zur Bestellung vorgeschlagen wird, deren Absatz sich nicht wie ursprünglich angenommen entwickelt.

- Bottom-up Absatzplanung auf Basis von Verlaufskurven
Ein weiterer Faktor, der für das Geschäft von Hein Gericke charakteristisch ist und erhebliche Auswirkungen auf die Planungslogik hat, ist die große Abhängigkeit der Absätze von saisonalen Verlaufskurven. Um diesem Umstand gerecht zu werden, wurde im Rahmen des Category Managements eine Kategorie definiert, deren zugehörige Artikel einen ähnlichen Jahresverlauf aufweisen. Neue Artikel, denen im ERP-System bei Artikelanlage die Kategorien zugeordnet werden, haben aufgrund dieser Zuordnung somit bereits einen Saisonverlauf, der zur Verteilung der Jahresplangesamtmenge auf die Monate genutzt werden kann.

- Top-down Umsatzplanung
Neben dem Bottom-up Absatzplan der Produktmanager auf Artikelebene existiert ein Top-down Umsatzplan. Dieser Plan, der artikelseitig nur bis zur Warengruppe detailliert wird, gilt als Vorgabe für die Produkt Manager, deren Artikel in Summe auf der Warengruppenebene verglichen werden. Um die beiden Pläne vergleichen zu können, wird aus dem Absatzplan durch monetäre Bewertung mit den Verkaufspreisen ein Bottom-up Umsatzplan. Aufgrund dieses Gegenstromverfahrens wird die Übereinstim-mung der übergeordneten Ziele der Geschäftsführung mit der Detailplanung auf Artikelebene gewährleistet. Identifizierte Abweichungen zwischen beiden Plänen sind durch entsprechende Plankorrekturen zu eliminieren, so dass ein allgemein gültiger Jahresplan abgestimmt werden kann.

Kundennutzen
Mit dem BI-System ist es gelungen, alle Bereiche entlang der Supply Chain zu verzahnen und Analyse und Planung weitestgehend zu zentralisieren. Durch den einheitlichen Wissensstand auf allen Managementebenen, sei es in der Geschäftsführung, der Global Supply Chain, im Produktmanagement, Einkauf oder Vertrieb, wird in allen Bereichen transparent und vertrauensbildend zusammengearbeitet. Das Unternehmen handelt darüber hinaus heute deutlich marktorientierter, schneller und flexibler. So werden beispielsweise Bestellvorschläge durch das BI-System automatisch, basierend auf der Fortschreibung der Lagerbestands- und Absatzverläufe, generiert. Des Weiteren können Absatzplanungen auf Basis von Verlaufskurven nun deutlich einfacher durchgeführt werden als bisher. Mit Hilfe von BOARD wurde das Bestellwesen schließlich derart optimiert, dass die Lagerumschlagshäufigkeit im letzten Jahr um 20 Prozent gesteigert werden konnte.

Inzwischen ist das System zum zentralen Dreh- und Angelpunkt sämtlicher Entscheidungen geworden. Im aktuellen Stand unterstützt das BI-System alle wesentlichen Funktionen und Abteilungen entlang der Supply Chain. Im Einzelnen sind dies: Geschäftsführung, Global Supply Chain, Vertrieb, Produktmanagement, Einkauf, Lager/ Versand, Marketing. Insgesamt haben über 70 User Zugriff auf das System.

Weitere Module werden derzeit entwickelt wie bspw. Optimierung und Automatisierung der Sortimentssteuerung in den Shops in Form von Shopmodulen. Ebenfalls geplant ist ein Modul für das Finanzcontrolling.


“Wir sind positiv überrascht, dass unsere sehr hohen und individuellen Anforderungen in den Bereichen Analyse, Planung und Entscheidungsunterstützung in einer einzigen Lösung umgesetzt werden konnten. Insbesondere faszinieren uns die Simplizität der Bedienung des Systems und die übersichtliche Integration der sehr komplexen zugrundeliegenden Abläufe. Dieses Projekt hat uns gezeigt, dass durch die Verknüpfung von ERP-System und Data Warehousing die qualitative Entscheidungsfindung auf allen Ebenen des Unternehmens bei reduziertem Zeitaufwand erheblich gesteigert werden kann. Das war unser Ziel und ich denke, die Umsetzung ist uns sehr gut gelungen.”

Uwe Klinger
Director Operations /
Global Supply Chain
Hein Gericke Deutschland GmbH


Branche
Handel von Motorradzubehör und -bekleidung


Art des Projektes
Supply Chain Management


Vorsystem
Microsoft Dynamics AX (Axapta)



Liquiditätsplan



Lageranalyse



Top-down Planung auf Shop- und Warengruppenebene



Abgleich des Top-down und Bottom-up Planes




Business Intelligence &
Data Warehouse



Es freut uns besonders, dass sich mit dem Hein Gericke-Projekt auch ein mittelständisches Unternehmen für die Endausscheidung qualifiziert hat. Das Besondere an Hein Gerickes Lösung ist die extrem operative Ausrichtung und die damit verbundene bidirektionale Verzahnung mit dem ERP-System: Planung und Analyse auf allen Management-Ebenen sind voll integriert und wirken sich direkt auf den Unternehmenserfolg aus.


Dr. Wolfgang Martin
unabhängiger Analyst
und Jury-Mitglied des BI-Awards

WebsiteFeedback