Beschäftigte müssen sich ihrem Arbeitgeber gegenüber loyal verhalten – sie dürfen somit nicht zu ihm in Konkurrenz treten, also z. B. die gleiche Dienstleistung oder Ware anbieten wie er. Dieses Wettbewerbsverbot findet sich in § 60 Handelsgesetzbuch (HGB). Ein Verstoß dagegen könnte sogar eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Doch gilt das auch, wenn der Arbeitgeber diese Erkenntnisse allein aufgrund eines Detektiveinsatzes erlangt hat?
Wettbewerbsverstoß und vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit?
Ein Angestellter im Stanzformenbau war seit ca. 37 Jahren für denselben Arbeitgeber tätig, als seine drei Söhne 2013 ein Familienunternehmen gründeten, das ebenfalls im Stanzformenbau aktiv wurde. Dies erfuhr der Arbeitgeber ihres Vaters durch einen Kunden, der von der Firma der drei Söhne angeschrieben worden war. Dort hatten die Söhne ihre Leistung angepriesen und sogar auf die Berufserfahrung des Vaters Bezug genommen.
Der Arbeitgeber führte daraufhin mit seinem Angestellten ein Personalgespräch und wies ihn zeitgleich auf das Wettbewerbsverbot hin. Im Jahr darauf erkannte der Arbeitgeber jedoch das Familienauto seines Angestellten auf dem Grundstück der konkurrierenden Firma. Er beauftragte daher eine Detektei – die sollte im Jahr 2015 herausfinden, ob sein Angestellter auch im Betrieb der Söhne tätig wurde.
Ein Detektiv fand den Beschäftigten beim „Testkauf“ einer Stanzform tatsächlich im Betrieb der Söhne vor und wurde von diesem sogar durch das Unternehmen geführt. Dabei war er bereits seit längerer Zeit eigentlich arbeitsunfähig krankgeschrieben und erhielt sogar Krankengeld. Daraufhin kündigte ihm der Arbeitgeber außerordentlich und fristlos wegen des Verdachts auf unerlaubten Wettbewerbs. Der Streit um die Wirksamkeit der Kündigung landete vor Gericht.
Kündigung war unwirksam
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg gab dem Angestellten recht und hielt die außerordentliche und fristlose Kündigung für unwirksam.
Verdacht auf Konkurrenztätigkeit
Zwar stellt ein tatsächlicher Wettbewerbsverstoß eine erhebliche Pflichtverletzung dar, die eine Kündigung grundsätzlich rechtfertigt. Gleiches kann auch für den bloßen Verdacht einer erheblichen Pflichtverletzung gelten, sofern insbesondere objektive Tatsachen ein Fehlverhalten nahelegen, das eine weitere Zusammenarbeit unzumutbar macht, bereits der konkrete Verdacht das Vertrauen zwischen Arbeitgeber und Angestelltem zerstören könnte und der betroffene Beschäftigte zu den Vorwürfen angehört wurde.
Vorliegend konnten die Richter jedoch keinen begründeten Verdacht feststellen, wonach der Angestellte einen Wettbewerbsverstoß begangen haben soll. Denn die Erkenntnisse aus dem Detektiveinsatz waren nicht verwertbar.
Konkurrenztätigkeit ist keine Straftat
Grundsätzlich kann jeder frei entscheiden, ob und in welchem Umfang personenbezogene Daten über ihn erhoben, verarbeitet oder genutzt werden dürfen. Eine Ausnahme davon ist nur zulässig, wenn sie gesetzlich geregelt wurde, vgl. § 4 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG).
In Betracht kam diesbezüglich § 32 I 2 BDSG. Nach dieser Vorschrift können personenbezogene Daten im Rahmen eines Beschäftigtenverhältnisses erhoben, verarbeitet und genutzt werden, wenn damit eine Straftat aufgedeckt werden könnte. Vorliegend verdächtigte der Arbeitgeber seinen Angestellten konkret einer Konkurrenztätigkeit. Darin wäre zwar eine schwere Pflichtverletzung zu sehen, aber keine Straftat. Anderes würde nach § 17 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) nur gelten, wenn der Angestellte zeitgleich Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse verraten hätte. Dafür gab es aber vorliegend keine Anzeichen.
Straftat wegen „Blaumachens“?
Lässt sich ein Angestellter zu Unrecht krankschreiben und streicht er die Entgeltfortzahlung ein, begeht er grundsätzlich einen Betrug nach § 263 Strafgesetzbuch (StGB). Hegt ein Arbeitgeber konkret den Verdacht, dass ein Angestellter „blaumacht“, kann er daher gemäß § 32 I 2 BDSG Maßnahmen ergreifen, um die Wahrheit ans Licht zu bringen, indem er z. B. eine Detektei einschaltet. Voraussetzung ist allerdings, dass der Angestellte zu dieser Zeit tatsächlich noch Entgeltfortzahlung erhält – denn nur dann läge noch eine Straftat im Rahmen eines Beschäftigtenverhältnisses vor.
Vorliegend hat der Arbeitgeber die Detektei erst beauftragt, als der Angestellte keine Entgeltfortzahlung mehr von ihm, sondern vielmehr Krankengeld von der Krankenkasse erhielt. Zu dieser Zeit wäre nur noch die Klärung der Frage möglich gewesen, ob der Angestellte einen Betrug gegenüber der Krankenkasse begangen hat. Das spielte aber für § 32 I 2 BDSG keine Rolle mehr, weil diese Vorschrift ein Beschäftigungsverhältnis voraussetzt.
Mangels Rechtsgrundlage durften die Erkenntnisse aus dem Detektiveinsatz daher nicht vor Gericht verwendet werden. Die Kündigung war somit unwirksam. (LAG Baden-Württemberg, Urteil v. 20.07.2016, Az.: 4 Sa 61/15)
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