Es ist längst kein Geheimnis mehr: Instagram, Facebook und YouTube boomen. Immer mehr Brands setzen daher auf reichweitenstarke sogenannte „Influencer“, um ihre Marke und ihre Produkte bei potenziellen Konsumenten absatzfördernd ins Gespräch zu bringen. Was viele Unternehmen dabei vergessen: Auch beim Influencer-Marketing müssen rechtliche Rahmenbedingungen beachtet werden, die sich sonst schnell zu (teuren) Stolperfallen entwickeln können. Welche das sind, erfahren Sie im Folgenden.
Inhaltsverzeichnis:
- Influencer-Marketing: Was ist das überhaupt?
- Influencer-Marketing und das Verbot von Schleichwerbung
- Abmahnung & Co: Rechtliche Folgen von Schleichwerbung
- Wie hat die Kennzeichnung zu erfolgen?
- Zusammenarbeit mit Influencern: klare Regeln vereinbaren
- Checkliste
1. Influencer-Marketing: Was ist das überhaupt?
Beim Influencer-Marketing nutzen Unternehmen den Einfluss von reichweitenstarken Personen in sozialen Netzwerken, um bestimmte Markenziele zu erreichen. Dabei beauftragen die Unternehmen Influencer damit, Unternehmensbotschaften auf ihren Social-Media-Kanälen zu kommunizieren, neue Produkte zu testen oder weiter zu empfehlen. Die Influencer werden für diese Form der Produktplatzierung abhängig von der Reichweite ihrer Accounts mit Gratisprodukten, Rabatten oder Geld bezahlt.
Unternehmen erhoffen sich von dieser Marketing-Strategie eine positive Beeinflussung des Konsumverhaltens und -vertrauens der Kunden. Viele Kunden zählen beim Kauf von Produkten auf die Kaufempfehlung anderer, ihnen sympathischer „Vorbilder“. Gerade in Zeiten von Adblockern kann Influencer-Marketing daher eine geschickte Strategie sein, um die Marke oder das Produkt bei Konsumenten ins Gespräch zu bringen. In der Regel ist Influencer-Marketing für Unternehmen auch deutlich kostengünstiger als eine eigene Werbekampagne auf die Beine zu stellen.
2. Influencer-Marketing und das Verbot von Schleichwerbung
Influencer-Marketing kann jedoch zum teuren rechtlichen Stolperstein werden, wenn ein durchschnittlich informierter User nicht erkennen kann, dass es sich bei dem entsprechenden Post um gesponserte Werbung handelt. Denn die fehlende Kennzeichnung des Werbecharakters macht das Influencer-Marketing zur in allen Medien unzulässigen Schleichwerbung.
Das Verbot von Schleichwerbung ergibt sich unter anderem aus diesen Vorschriften:
Nach §§ 3, 5a Abs. 6 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ist die unterlassene Kennzeichnung nicht erkennbarer kommerzieller Kommunikation unzulässig.
Auch § 3 Abs. 3 UWG i. V. m. Nr. 11 des Anhangs zum UWG und § 3 Abs. 3 UWG i. V. m. Nr. 23 des Anhangs zum UWG stufen Schleichwerbung als unzulässige geschäftliche Handlung ein.
§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Telemediengesetz (TMG) normiert, dass kommerzielle Kommunikationen als solche erkennbar sein muss.
Nach §§ 7 Abs. 3 Satz 1, 58 Abs. 1 Rundfunkstaatsvertrag muss Werbung als solche klar erkennbar und vom übrigen Inhalt der Angebote eindeutig getrennt sein.
Die Pressegesetze der Länder verbieten Schleichwerbung, vgl. nur § 9 Berliner Pressegesetz und § 10 Landespressegesetz NRW.
Gemeinsames Ziel der Regelungen ist insbesondere das Verbot, redaktionelle und kommerzielle Inhalte zu vermischen (sogenannter „Trennungsgrundsatz“). Der Verbraucher soll einschätzen können, wie er die Werbung einzuordnen hat. Denn meist sind Verbraucher gegenüber neutralen Informationen nicht so kritisch und skeptisch wie gegenüber Werbeaussagen.
Übertragen auf Influencer-Marketing bedeutet dies: Präsentiert der Influencer vordergründig neutral die Vorzüge eines neues Produkt bzw. einer Marke, ist das Produkt-Placement durch wirtschaftliche Zuwendungen motiviert und ist die wirtschaftliche Motivation für den Verbraucher nicht erkennbar,
verstößt er gegen den Trennungsgrundsatz und das Verbot von Schleichwerbung.
Dabei bedeutet wirtschaftliche Zuwendung nicht unbedingt, dass auch Geld geflossen sein muss. Von einer wirtschaftlichen Motivation ist auch auszugehen, wenn der Influencer vom Unternehmen kostenlose Produkte wie Kleidung, Reisen, Autos etc. erhält und sich im Gegenzug zum Posting verpflichtet hat.
3. Abmahnung & Co: Rechtliche Folgen von Schleichwerbung
Bei Verstößen gegen das Trennungsgebot aus dem Rundfunkstaatsvertrag können die Landesmedienanstalten gegen die Unternehmensbotschafter Untersagungsverfügungen aussprechen und Bußgeldbescheide erlassen. Wie real diese Gefahr für Influencer ist, zeigt eine Pressemitteilung der Medienanstalt Hamburg/Schleswig Holstein (MA HSH) vom 27.03.2017 (https://www.ma-hsh.de/infothek/pressemitteilung/ma-hsh-geht-gegen-schleichwerbung-bei-youtube-vor.html).
Diese geht nach eigenen Angaben zurzeit wegen nicht gekennzeichneter Werbung gegen den Betreiber eines YouTube-Kanals vor. Dabei droht dem YouTuber ein saftiges Bußgeld von bis zu 500.000 Euro. Zudem können Verbraucherschutz- und Wettbewerbsverbände wettbewerbsrechtliche Abmahnungen aussprechen (§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG).
Die praktisch weitaus größere Gefahr geht allerdings von Mitbewerbern aus. Diese haben gegen den Influencer einen Anspruch auf
- Beseitigung und Unterlassung (§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG) sowie
- Schadensersatz (§ 9 UWG).
Achtung: Auch die beauftragenden Unternehmer können sich nicht aus der Verantwortung ziehen. Nach § 8 Abs. 2 UWG sind der Unterlassungs- und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.
Für Influencer besonders bitter: Verträge zwischen dem beauftragenden Unternehmern und dem Influencer über die Platzierung einer Werbung, die nicht als solche gekennzeichnet ist, sind in der Regel sittenwidrig und damit unwirksam (OLG München, Urteil vom 22.09.1994, 6 U 5255/93; OLG Düsseldorf, Urteil vom 31.10.2006, I-23 U 30/06, 23 U 30/06).
Die Folge: Der Unternehmensbotschafter hat gegen das beauftragende Unternehmen keinen Anspruch auf Vergütung.
4. Wie hat die Kennzeichnung zu erfolgen?
Die Gretchen-Frage lautet nun natürlich, wie Werbung konkret gezeichnet werden muss, um die dargestellten negativen Rechtsfolgen zu vermeiden.
In jedem Fall ausreichend ist es, den jeweiligen Post mit dem Hinweis „Werbung“ oder „Anzeige“ zu versehen. Bei YouTube, Instagram & Co gebräuchlicher ist jedoch der Hinweis „Sponsored Post“ oder „Sponsored by“.
Reicht dieser Hinweis für die Kennzeichnung der Werbung aus? Für die Beantwortung dieser Frage sind zwei Urteile näher unter die Lupe zu nehmen.
Der BGH hat bereits 2014 entschieden (BGH, Urteil vom 06.02.2014, I ZR 2/11), dass der englische Hinweis „Sponsored By“ nicht genügt, um den Werbecharakter eines Beitrags deutlich zu machen. In dem zugrundeliegenden Streitfall stritten zwei Verleger regionaler Tageszeitungen über die Veröffentlichung mehrerer werblicher Artikel, die mit „sponsored by“ überschrieben waren. Bislang wurde immer damit argumentiert, dass die Rechtsprechung des BGH ausschließlich Printmedien betreffe und sich auf Online-Werbung nicht ohne weiteres übertragen lasse.
Das LG München übertrug diese Rechtsprechung jedoch mit Urteil vom 31.07.2015 (LG München, Urteil vom 31.07.2015, 4 HKO 21172/14, 4 HK O 21172/14) auf den Web-Bereich. Im zugrundeliegenden Streitfall hatte der Betreiber eines Online-Informationsportals zu Gesundheitsthemen in einem redaktionellen Beitrag auf eine kommerzielle Webseite verlinkt. Dieser Link war mit „Sponsored“ gekennzeichnet. Das LG München sah darin eine unzulässige Schleichwerbung, da der Hinweis „Sponsored“ den Werbecharakter eines Beitrags nicht unmissverständlich zum Ausdruck bringe.
Ob auch andere Gerichte und insbesondere der BGH dieser Argumentation folgen werden, ist zurzeit noch völlig ungewiss. Gegen eine Übertragbarkeit der Rechtsprechung des BGH auf Online-Werbung und dementsprechend auf Influencer-Marketing spricht jedoch folgendes: Ob ein Werbehinweis als solcher erkennbar ist, wird nach Auffassung des BGH aus der Sicht eines typischen Durchschnittsempfängers (z. B. Instagramnutzer, YouTube-Seher) ermittelt.
Die Hinweise „Sponsored Post“ bzw. „Sponsored By“ haben sich in der Social-Media-Welt, in der „Likes“ verteilt werden, im „Messenger“ kommuniziert wird und in der die englische Sprache somit allgegenwärtig ist, mittlerweile durchgesetzt. Ein durchschnittlicher User wird die Begriffe dementsprechend so verstehen, dass der jeweilige Post fremdfinanziert wurde und somit kein redaktioneller Beitrag ist. Ob der BGH dies genauso sieht, bleibt abzuwarten.
Daraus folgt: Wer rechtlich auf Nummer sicher gehen will, sollte den Post mit dem Hinweis „Werbung“, „Anzeige“ oder ähnlichem versehen. Die Begriffe „Sponsored By“, „Sponsored“ und „Sponsored Post“ sind nach der bisherigen Rechtsprechung nicht ausreichend, um den Werbecharakter eines Beitrags zu kennzeichnen. Bis zur endgültigen Klärung durch die Rechtsprechung sollte daher auf diese Begriffe verzichtet werden. Hinweise wie „ad“, „sp“, „unterstütztvon“ oder „supportedby“ sollten ebenfalls vermieden werden.
5. Zusammenarbeit mit Influencern: klare Regeln vereinbaren
Unternehmen, die mit Influencern zusammen arbeiten möchten, sollten bedenken, dass plumpe Schleichwerbung neben den negativen rechtlichen Konsequenzen auch zu erheblichen Imageschäden führen kann. Unternehmen sollten den Influencer daher vertraglich dazu verpflichten, die Werbung entsprechend der rechtlichen Voraussetzungen zu kennzeichnen. Sinnvoll ist in diesem Zusammenhang auch eine Vertragsstrafe für den Fall, dass der Influencer die Anforderungen an eine ausreichende Kennzeichnung entgegen seiner vertraglichen Verpflichtung nicht erfüllt.
6. Checkliste
Verbotene Schleichwerbung liegt grundsätzlich vor, wenn:
- der Verfasser für einen Beitrag eine wirtschaftliche Gegenleistung gleich welcher Art erhält,
- der Verfasser vordergründig neutral über das Produkt berichtet (z. B. durch Wiedergabe seiner Meinung, Tipps etc.) und
- der Post nicht als Werbung gekennzeichnet ist.
Eine rechtlich sichere Kennzeichnung des Posts als Werbung liegt vor, wenn der Post
- mit dem Hinweis „Werbung“ oder
- mit dem Hinweis „Anzeige“ versehen wird.
Die Begriffe „Sponsored By“, „Sponsored“ und „Sponsored Post“ sind nach der bisherigen Rechtsprechung nicht ausreichend, um den Werbecharakter eines Beitrags zu kennzeichnen.
Die wichtigsten und neusten Urteile zum Influencer-Marketing im Überblick
- LG München, Urteil vom 31.07.2015, 4 HKO 21172/14, 4 HK O 21172/14: Der Hinweis „Sponsored“ bringt auch bei Online-Werbung den Werbecharakter eines Beitrags nicht unmissverständlich zum Ausdruck.
- BGH, Urteil vom 06.02.2014, I ZR 2/11: Der Hinweis „Sponsored By“ genügt (bei Printmedien) nicht, um den Werbecharakter eines Beitrags deutlich zu machen.
- OLG Düsseldorf, Urteil vom 31.10.2006, I-23 U 30/06, 23 U 30/06: Ein Vertrag über die Platzierung einer Werbung, die nicht als solche gekennzeichnet ist, ist sittenwidrig und damit unwirksam.
Was mir noch fehlt, bzw. nicht klar herauskommt, was bedeutet "kennzeichnen".
Muss in der Überschrift, also im Titel die Information "Anzeige" oder "Werbung" stehen oder reicht es, wenn er Hinweis als erstes im Text steht?
1. Daraus folgt: Wer rechtlich auf Nummer sicher gehen will, sollte den Post mit dem Hinweis „Werbung“, „Anzeige“ oder ähnlichem versehen.
2. Eine rechtlich sichere Kennzeichnung des Posts als Werbung liegt vor, wenn der Post
mit dem Hinweis „Werbung“ oder mit dem Hinweis „Anzeige“ versehen wird.
Inbesondere wenn alle diese Produkte aus dem selben Umfeld (wenn auch verschiedene Hersteller) stammen, bspw. Beauty? Ist das dann auch Schleichwerbung, selbst wenn man nicht bezahlt wurde, sprich keinerlei Gegenleistung erhalten hat, sondern diese redaktionellen Beiträge aus eignen Stücken und Intension geschrieben hat? Ebene wenn man diese Produkte selber erstanden hat?
Und, wer muss beweisen, das diese redaktionellen ungekennzeichneten Beiträge Werbung sind oder nicht? Ich oder der mir die Abmahnung schickt? Schließlich ist schwer erkennbar, was denn nun Werbung ist und was nicht, selbst wenn entsprechende bezahlte Beiträge gekennzeichnet sind. Müsste man nicht eher inzwischen auch Dauerwerbesendung / Dauerwerbeblog über den Blog schreiben, wenn man auch Kooperationen eingeht? Oder eben auch Affiliate Links zu Onlineshops hat?
Und "beweisen" muss das erst einmal derjenige, der einen Rechtsverstoß behauptet, also der Abmahner. Deswegen gibt es hier auch recht wenige Urteile, da bisher immer nur die eindeutigen Fällen von Produktplatzierungen oder affiliate-Links abgemahnt wurden.
Eine Auffassung, die man gut vertreten kann: Wenn ich als (Teilzeit)Unternehmer, also etwa als Fotograf, einen Blog oder eine Webseite unterhalte, ist das nie rein privat, sodnern per se schon Werbung. So wie jede "normale" Unternehmenswebseite auch. Das wissen die Nutzer, deswegen kann es hier nicht zu einer Irreführung kommen, wenn Links vom Foto-Blog in den eigenen Online Shop führen.
Es kam ja auch noch niemand auf die Idee, beispielsweise die Telekom abzumahnen, weil auf deren Website überall nicht gekennzeichnete Links zum Kauf von Telefonen stehen.