Mitarbeiterkontrolle: Darf der Chef im Outlook Gruppenkalender mitlesen?

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Viele Unternehmen nutzen regelmäßig Gruppenkalender. Das erleichtert den Gruppenmitgliedern die Planung nämlich erheblich. So kann jedes Teammitglied die Termine der Kollegen bzw. gemeinsame Termine leicht einsehen und anstehende Ereignisse besser planen oder etwa beim Ausfall eines Kollegen schnell eine Vertretung organisieren. Allerdings können Beschäftigte mittels Gruppenkalender auch leichter vom Arbeitgeber kontrolliert werden: Wer arbeitet wann und wie viel? Kann ein Angestellter daher die Nutzung eines Gruppenkalenders verweigern?

Beschäftigter will Gruppenkalender nicht benutzen

Ein Unternehmen verwendete zur E-Mailkommunikation die Software „Microsoft Outlook“. Im Jahr 2015 ließ er hier einen Gruppenkalender einrichten. Auch wies er eines seiner Teams an, für die Verwaltung der betrieblichen Termine nur noch den Gruppenkalender zu verwenden. Darauf hatten lediglich die Teammitglieder sowie drei weitere Personen Zugriff, zu denen auch Vorgesetzte gehörten. Ein Verkehrsmeister lehnte jedoch die Nutzung des Gruppenkalenders ab – könne er auf diese Weise doch ständig vom Arbeitgeber überprüft werden.

Der Arbeitgeber sah darin eine Pflichtverletzung und mahnte seinen Beschäftigten ab. Der zog vor Gericht und verlangte die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte. Die sei nämlich unwirksam – schließlich habe er keine arbeitsvertragliche Pflicht verletzt. Die Weisung, den Gruppenkalender zu nutzen, habe er nicht befolgen müssen: Immerhin sei der Betriebsrat bei der Einführung des Gruppenkalenders nicht nach § 87 I Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) beteiligt worden.

Arbeitgeber muss Abmahnung aus der Personalakte entfernen

Nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts (LAG) Nürnberg hat der Beschäftigte gegen keine arbeitsvertragliche Pflicht verstoßen, als er sich weigerte, den Gruppenkalender zu verwenden. Die darauf gestützte Abmahnung war somit aus der Personalakte zu entfernen.

Weisungsrecht des Chefs vs. Beteiligungsrecht des Betriebsrats

Arbeitgeber dürfen nach § 106 Gewerbeordnung (GewO) unter anderem das Arbeitsverhalten ihrer Angestellten mit einer Weisung unmittelbar konkretisieren, also z. B., um wie viel Uhr mit der Arbeit begonnen wird oder dass technische Geräte zur Verrichtung der Arbeit verwendet werden sollen. Zu beachten ist allerdings, dass der Arbeitgeber keine Weisungen bzgl. der Punkte erteilen darf, die insbesondere im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag stehen bzw. die Beteiligungsrechte des Betriebsrats betreffen.

Beteiligungsrecht des Betriebsrats verletzt?

Grundsätzlich gilt: Existiert kein Betriebsrat im Unternehmen, kann es je nach Einzelfall durchaus zulässig sein, dass der Arbeitgeber seine Beschäftigten anweisen kann, einen Gruppenkalender zu verwenden. Gibt es dagegen einen Betriebsrat, muss stets geprüft werden, ob ihm bei bestimmten betrieblichen Angelegenheiten ein Recht auf Beteiligung zusteht. Will der Arbeitgeber z. B. technische Einrichtungen – wie Kameras, Stechuhren, Fahrtenschreiber oder auch EDV-Anlagen mit bestimmter Software – einführen, die zur Überwachung der Angestellten bestimmt sind, hat der Betriebsrat dabei gemäß § 87 I Nr. 6 BetrVG mitzubestimmen.

Der am Rechner des Verkehrsmeisters eingerichtete Gruppenkalender stellte vorliegend eine Computersoftware und damit eine technische Einrichtung dar. Schließlich ist er objektiv dazu geeignet, Informationen über das Verhalten und die Leistung der betroffenen Beschäftigten ohne deren Kenntnis zu sammeln, wer etwa welche bzw. wie viele Termine einträgt oder wann außer Haus ist. Ob der Arbeitgeber seine Angestellten tatsächlich überwachen wollte, war in diesem Zusammenhang irrelevant.

Es genügt somit, dass der Arbeitgeber seine Angestellten bereits ab dem Moment überwachen konnte, als sie ihre Termine in den Kalender eintrugen. Der Betriebsrat ist daher im vorliegenden Fall zu Unrecht nicht an der Einführung des Gruppenkalenders beteiligt worden. Konsequenz hiervon war, dass der Verkehrsmeister die Weisung des Chefs nicht befolgen musste. Somit hat er auch keine Pflichtverletzung begangen – die Abmahnung war daher unwirksam und aus der Personalakte zu entfernen. (LAG Nürnberg, Urteil v. 21.02.2017, Az.: 7 Sa 441/16)

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