Wie bereits mehrfach auf eRecht24.de berichtet, wurde der Heise-Verlag vom Landgericht Hamburg wegen eines umstrittenen Nutzer - Postings in seinem Online-Forum gerichtlich in Anspruch genommen. Es ging dabei um die Frage, ob ein Forenbetreiber rechtlich für Beiträge seiner User verantwortlich ist und inwieweit Kontrollpflichten bestehen, um Rechtsverletzungen im Voraus zu verhindern. Nachdem Heise gegen die Entscheidung des LG Berufung eingelegt hatte, liegt nun die schriftlich begründete Entscheidung des Pressesenates des OLG Hamburg (Urt. v. 22.08.2006 - Az.: 7 U 50/06) vor.
Das LG als Vorinstanz hatte faktisch eine lückenlose Überprüfung aller Beiträge vor Veröffentlichung gefordert und Heise als Mitstörer verantwortlich gemacht. Da dies bei ca. 7000 Beiträgen pro Tag praktisch weder automatisiert durch einen sog. Blacklist - Filter noch manuell lückenlos möglich ist, hat Heise durch Berufung das OLG zur Klärung der Frage aufgefordert. Die Richter des OLG bestätigten nun grundsätzlich eine Verantwortung des Forenbetreibers bei möglicherweise rechtswidrigen Beiträgen, wenn er auf diese hingewiesen wurde. Postings in öffentlichen Foren sind jedoch nicht mit Leserbriefen in einer Zeitung vergleichbar. In diesem Fall entsteht auch nicht der Eindruck, die Forenbeiträge geben die Meinung des Betreibers wieder. Das Gericht bestätigt, dass Heise seiner Verpflichtung zur Löschung der umstrittenen Einträge sofort nach Kenntnisnahme nachgekommen ist.
Jedoch sehen die Richter in einem solchen Fall "die Pflicht, die Beiträge des konkreten Forums laufend daraufhin zu überprüfen, ob sie erneute Aufrufe der beanstandeten Art enthielten". Um einen Interessensausgleich zwischen den Rechten des Betroffenen und den Betreibern des Forums zu ermöglichen und die Gefahr schwerer Rechtsverletzungen zu verhindern hält das OLG dies auch für zumutbar. Mit der Begründung, dass in der Vergangenheit bereits rechtswidrige Beiträge in diesem Forum aufgetaucht wären lehnt das OLG die Berufung ab. Heise wäre verpflichtet gewesen, auf das streitgegenständliche Forum besonderes Augenmerk zu legen. Da Heise dies jedoch abgelehnt hatte kommt der Verlag als Mitstörer in Betracht.
Fazit:
Das OLG bejaht eine spezielle Überwachungspflicht, wenn der Forenbetreiber durch sein Verhalten “vorhersehbar rechtswidrige Beiträge Dritter provoziert hat, oder wenn ihm bereits mindestens eine Rechtsverletzungshandlung von einigem Gewicht im Rahmen des Forums benannt worden ist, und sich die Gefahr weiterer Rechtsverletzungshandlungen durch einzelne Nutzer bereits konkretisiert hat". Im Umkehrschluss bedeutet dies für Forenbetreiber, dass diese bei einer erstmaligen Rechtsverletzung durch einen User, unter den oben beschriebenen Einschränkungen, grundsätzlich nicht haften.
Da die Richter jedoch nicht näher ausgeführt haben, wie eine Kontrolle in der Praxis aussehen muss, bleibt das Urteil deutlich hinter den Erwartungen zurück.
Autor: Stud. Jur. Philipp Otto
Rechtsanwalt Sören Siebert
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