Auch im Verbraucherschutz , betritt der ECT Act Neuland in der südafrikanischen Rechtsgebung. Zwar gab es in einzelnen Bereichen, wie z.B. bei Bankgeschäften, auch vorher gesetzliche Regelungen zum Schutz des Verbrauchers. Jedoch wurde im ECT Act erstmals eine umfassende Regelung für eine Vielzahl von Geschäften getroffen. Bei geschäftlichen Transaktionen über das Internet gibt es überwiegend vier Problemkreise für den Verbraucher
, namentlich Datenschutz, Vertrauen, Gewährleistung und Gerichtsstand. Der Verbraucher gibt persönliche Informationen und meist auch private Bankinformationen preis, der Verkäufer ist meist unbekannt, die Bezahlung erfolgt oft gegen Vorkasse und die erworbenen Güter können von minderer Qualität oder unbrauchbar sein. Des weiteren ist im Falle von internationalen Geschäften eine gerichtliche Auseinandersetzung meist sehr aufwendig und teuer.
Der ECT Act versucht diese typischen Probleme zu lösen. Dabei haben dem südafrikanischen Gesetzgeber die europäischen Richtlinien zum Fernabsatz und zum e-commerce als Vorbild gedient. Viele Regelungen wurden nahzu unverändert übernommen. Allerdings ist z.B. der Verbraucherschutz des ECT Acts nur für elektronische Transaktionen anwendbar. Nicht erfaßt sind Geschäfte, die per Brief, Katalog oder per Telefon abgeschlossen werden. Im Vergleich zum deutschen Recht gibt es einige strukturelle Unterschiede. So werden zwar die meisten Geschäfte, die in § 312b BGB aufgeführt sind und auf die die Vorschriften über Fernabsatzverträge keine Anwendung finden, auch im ECT Act aufgeführt . Allerdings finden auf diese nach südafrikanischem Recht nur die Vorschriften über Widerruf und Rückgaberecht keine Anwendung. Ein genereller Ausschluss von den Vorschriften über Fernabsatzverträge wie nach deutschem Recht besteht nicht. Das führt praktisch dazu, daß z.B. ein online-Supermarkt, der Waren des täglichen Gebrauchs anbietet, nach südafrikanischem Recht sehr wohl gewisse Informationspflichten hat. Hingegen wäre ein solches Geschäft nach deutschem Recht von den Vorschriften zum Fernabsatz ausgenommen. Die in § 312 d Abs. 4 BGB aufgeführten Geschäftsvorgänge sind auch nach südafrikanischem Recht vom Widerruf ausgeschlossen . Weitere Unterschiede sind die Widerrufsfrist, sieben Tage nach Erhalt der Güter , und die uneingeschränkte Pflicht des Verbrauchers, die Kosten der Güterrücksendung zu übernehmen. Eine Beschränkung gemäß § 357 Abs. 2 BGB, nach der der Unternehmer die Kosten des Rücktransports für Waren im Wert von mehr als € 40 übernehmen muß, besteht nicht.
Für die Schlichtung von Streitfällen, die sich zwischen Verbraucher und Anbieter aus elektronischen Geschäften ergeben können, wird eine neue Schlichtungsstelle geschaffen, das „consumer affairs committee“ (CAC), an das sich der Verbraucher wenden und damit die hohen Kosten für eine gerichtliche Auseinandersetzung sparen kann . Allerdings wurden weder Bestimmungen über die Kompetenzen des CAC getroffen noch über dessen Beschränkungen. Institutionen, die mit den deutschen Verbraucherschutzverbänden vergleichbar sind, gibt es noch nicht in Südafrika, und das neu eingerichtete CAC wird sich nach dieser gesetzlichen Vorlage voraussichtlich nicht zu einer solchen entwickeln können.
Die Überwachung von Webseiten obliegt dem sogenannten „cyber inspector“. Diese Inspektoren sind Angestellte des Ministeriums für Kommunikation und haben unter anderem die Aufgabe, öffentliche Webseiten auf die Erfüllung der gesetzlichen Vorschriften hin zu untersuchen. Der Gesetzgeber hat sie mit erheblichen Befugnissen ausgestattet. So dürfen sie z.B. mit einem Durchsuchungsbefehl, der von einem Magistrat oder Richter ausgestellt werden muß , ohne Ankündigung Haus- und Geschäftsdurchsuchungen durchführen und dabei auf die Computersysteme und deren Inhalte zugreifen .
Eine sehr idealistische und in dieser Form nicht anwendbare Vorschrift hat der Gesetzgeber bezüglich der Anwendbarkeit von ausländischem Recht geschaffen. . Der ECT Act bestimmt, daß die Verbraucherschutzvorschriften des ECT Acts auch dann Anwendung finden, wenn ausländisches Recht als Vertragsrecht vereinbart wurde. Zwar zielt Art. 29 EGBGB in eine vergleichbare Richtung, jedoch erfordert diese Bestimmung zumindest einen Bezug zur Bundesrepublik Deutschland oder dem deutschen Verbraucher. Ein solcher Bezug kann z.B. durch deutschsprachige Werbung hergestellt sein. Der Wortlaut der südafrikanischen Vorschrift läßt hingegen keinerlei Einschränkung erkennen, und es wird völlig unklar, ob sie einschränkend ausgelegt werden soll . Des weiteren ist ungeklärt, ob nur der südafrikanische Verbraucher geschützt ist oder auch solche aus Drittländern. Ein ausländisches Gericht wird eine solche Vorschrift sicher nicht anwenden, wenn der ausländische Unternehmer im Vertrag mit einem südafrikanischen Verbraucher das Recht des Unternehmers vereinbart hat.
Die Verbraucherschutzvorschriften sind zu begrüssen und stellen eine erfreuliche Entwicklung zu mehr Verbraucherschutz dar. Problematisch allerdings erscheint, daß der Verbraucher, der unter dem ECT Act auf elektronischem Wege Güter kauft, besser geschützt ist als sonstige Verbraucher, die die gleichen Güter im Laden oder per Katalog kaufen. Ferner ist zu kritisieren, daß Kleinstunternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit dem Schutz nicht unterliegen, weil sie ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich der Verbaucherschutzvorschriften ausgenommen sind.
Fraglich bleibt daher, ob der Gesetzgeber nicht zu sehr für die Verbraucher Partei ergriffen hat. Der umfassende und einheitliche Verbraucherschutz in einem Wirtschaftsraum von der Größe Europas mag erforderlich und sinnvoll sein. Für europäische Anbieter führt dies nicht zu Wettbewerbsnachteilen. Gerade solche Wettbewerbsnachteile haben jedoch alle südafrikanischen Anbieter zu befürchten, denn die Nachbarstaaten haben solche Regelungen noch nicht.
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